Flüchtlingshilfe
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Warum verlassen Eriteer ihre Heimat!
Was ist über Eritrea bekannt?
Das Land hat sich nach einem drei Jahrzehnte dauernden Unabhängigkeitskrieg 1991 von Äthiopien losgelöst. Machthaber ist Isaias Afewerki. Da sich Eritrea abschottet und keine Beobachter ins Land lässt, dringt nur wenig nach außen. Die UNO legte im Juni einen 500-seitigen Bericht zur Menschenrechtslage in dem ostafrikanischen Land vor, der sich auf die Aussagen von 550 im Ausland lebender Eritreer und 160 schriftlich eingereichte Berichte stützt. Demnach ist die Menschenrechtslage in dem Land äußerst prekär.
Warum fliehen so viele Menschen aus Eritrea?
Dem UN-Bericht zufolge baute Isaias Afewerki in den vergangenen 22 Jahren ein repressives System auf, in dem Menschen willkürlich festgenommen, inhaftiert, gefoltert und getötet werden oder verschwinden. Viele werden demnach jahrelang inhaftiert, ohne zu wissen, was ihnen vorgeworfen wird. Es würden Foltermethoden angewendet wie Elektroschocks, Beinahe-Ertrinken und sexuelle Misshandlung. Auch würden Festgenommene gezwungen, stundenlang in die Sonne zu schauen.
Beklagt wird auch ein System des unbegrenzten Wehrdienstes, in dem die Menschen wie Sklaven zum Militärdienst gezwungen werden. Der Wehrdienst beginnt für Jugendliche im letzten Schuljahr und ist nach Angaben des eritreischen Außenministeriums gesetzlich auf 18 Monate beschränkt. Die Regierung rechtfertigt den letztlich unbegrenzten Wehrdienst jedoch mit der angeblichen Bedrohung durch den Nachbar Äthiopien.
Wieviele Menschen fliehen aus Eritrea und wohin?
Zehntausende Eritreer überwinden jedes Jahr Stacheldraht, Minenfelder und bewaffnete Grenzposten, um ihr Land zu verlassen und Unterdrückung sowie dem Militärdienst zu entkommen. Obwohl die Grenzbeamten angehalten sind, auf Flüchtlinge zu schießen, fliehen dem UN-Bericht zufolge jeden Monat 5000 Eritreer ins Ausland.
Die Flüchtlinge müssen auf ihrer Flucht die Wüste durchqueren und begeben sich meist in die Hand von Menschenschmugglern, um das Mittelmeer zu überqueren. Der italienischen Organisation Ärzte für Menschenrechte (Medu) zufolge dauert eine Flucht aus Eritrea nach Italien im Schnitt etwa 16 Monate. Neben der EU ist auch Israel ein Ziel der Flüchtlinge.
Was berichten die Flüchtlinge aus ihrem Heimatland?
Bei Informationen über die Vorgänge in Eritrea sind Menschenrechtsorganisationen auf die Berichte der Flüchtlinge angewiesen. Angesichts des beträchtlichen Netzwerks an Spionen - auch außerhalb Eritreas - wollen sich viele Flüchtlinge aus Angst vor Racheakten an daheim gebliebenen Verwandten nicht äußern.
Bei einer Demonstration Ende Juni von eritreischen Flüchtlingen in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba gegen die Menschenrechtsverstöße in ihrer Heimat berichteten jedoch einige von ihren Motiven, das Land zu verlassen: "Ich bin gegangen, um dem unbegrenzten Wehrdienst zu entkommen", sagte ein Flüchtling. "Der einzige Weg, da rauszukommen, ist, ins Exil zu gehen." Ein anderer Demonstrant sagte, die Menschen flüchteten, "weil das Regime sie unterdrückt - das ist ein politischer, kein wirtschaftlicher Fall". "Eritreer fliehen nicht aus ihrer Heimat, weil sie einen besseren Job, ein Auto oder einen Flachbildfernseher wollen", hieß es im Juni von den Organisatoren einer Demonstration eritreischer Asylbewerber in Israel. "Wir fliehen aus unserer Heimat, weil wir geboren werden, um frei zu sein und in Würde und Sicherheit zu leben." afp/AZ
Fragwürdige Kollaboration der Bundesregierung mit der eritreischen Diktatur!
Im Umgang mit der eritreischen Staatsführung fällt die Bundesregierung durch Leisetreterei auf: Sie hält die abstrusen Bedingungen des Regimes zur Erteilung eines Passes an hier lebende Geflüchtete für „zumutbar“. Interne Informationen der Bundesregierung zur Passbeschaffung werden als „vertraulich“ deklariert und nicht veröffentlicht. Die niederländischen Behörden sprechen dagegen Klartext.
Eritreer_innen ohne Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention, die Passangelegenheiten bei den eritreischen Auslandsvertretungen in Berlin und Frankfurt/Main erledigen wollen, werden nicht akzeptierbare Bedingungen gestellt: Unter anderem verlangt die Botschaft die Abgabe einer „Reueerklärung“ sowie die Abführung einer jährlichen Zwangssteuer in Höhe von 2% des Einkommens. Dies ist aus Sicht des Flüchtlingsrats Niedersachsen unzumutbar.
Mehr als fragwürdig ist dabei die Zusammenarbeit der Bundesregierung mit den eritreischen Behörden. Das Bundesinnenministerium (BMI) hat im Januar 2017 ein Hinweisblatt zum Thema „Beschaffung eritreischer Pässe“ an die Bundesländer übermittelt. Das niedersächsische Innenministerium (MI) hat dieses an die Ausländerbehörden weitergeleitet. Das Hinweisblatt wurde vom BMI aber als Verschlusssache eingestuft – offenbar ist es der Bundesregierung selber peinlich. Wörtlich heißt es in dem (dem Flüchtlingsrat vorliegenden) Papier:
„Subsidiär Schutzberechtigten oder Personen, denen ein Abschiebeverbot zuerkannt wurde, ist die Beschaffung eines Heimatpasses grundsätzlich zuzumuten. Der jeweilige Nationalpass kann grundsätzlich auf zumutbare Weise erlangt werden. Die Abgabe von Erklärungen oder die Zahlung von Gebühren oder Steuern bedingen für sich genommen keine Unzumutbarkeit.“ (Hervorhebung durch den Flüchtlingsrat)
Die Bundesregierung behandelt die Forderung von Reuebekenntnissen und hohen Steuern also als einen ganz normalen Vorgang. Die niedersächsische Landesregierung schließt sich dem an – und unterstützt damit faktisch die sittenwidrigen Steuereintreibungspraktiken und die Forderung, gegenüber einem despotischen Regime „Reue“ zu bekennen.
Die niederländischen Behörden sind da weniger verständnisvoll: Aus Protest gegen die skandalöse Praxis der eritreischen Behörden verweisen sie einen eritreischen Spitzendiplomaten des Landes, wie die taz berichtet. Die niederländischen Behörden hätten die eritreische Vertretung mehrmals darauf hingewiesen, die Zwangsbesteuerung einzustellen. Ein Bericht des niederländischen Außenministeriums aus September 2017 bestätige, dass die „Diaspora-Steuer“ weiterhin gängige Praxis sei. Auch eritreische Vertretungen in Deutschland gingen ähnlich vor.
Der Flüchtlingsrat Niedersachsen hält es für unzumutbar, eritreische Geflüchtete mit subsidiärem Schutz zu verpflichten, bei den eritreischen Auslandsvertretungen vorzusprechen, wo neben der Zwangssteuer auch ein allgemeines Reuebekenntnis als Voraussetzung für Unterstützung in Passangelegenheiten verlangt wird. Allen Betroffenen ist ausnahmslos ein deutscher Ausweisersatz auszustellen, solange die derzeitige Praxis Eritreas nicht beendet ist. Weiterhin fordert der Flüchtlingsrat die sofortige Offenlegung des Hinweisblattes des BMI zur Beschaffung eritreischer Pässe. Wer die Mitwirkung der Betroffenen fordert, muss auch die eigenen der Behördenpraxis zugrundegelegten Maßstäbe offen legen und transparent machen.